Jahresbericht

2022

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Patrick Gendre

PRÄSIDENT

Bericht des Präsidenten

Das Jahr 2022 wird als jenes in Erinnerung bleiben, in dem die Massnahmen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie aufgehoben wurden. Der von den Behörden gefällte Entscheid hat es ermöglicht, den Druck auf die globale, nationale und lokale Wirtschaft abzubauen. Dank der schrittweisen Aufhebung der Einschränkungen mussten die Unternehmen nicht mehr auf staatliche Hilfen zurückgreifen, um ihr Überleben sicherstellen zu können: ein positives Signal im Hinblick auf eine Rückkehr zur Normalität.

Der Ausbruch eines neuen Kriegs in Europa verdüsterte die Aussichten allerdings sehr rasch. Über die menschlichen Dramen hinaus, die ein Krieg mit sich bringt, hat die russische Invasion in der Ukraine auch grössere geopolitische Veränderungen mit sich gebracht. Es brachen Spannungen aus, die man überwunden glaubte. Die Folgen dieses Kriegs für unsere Wirtschaft sind massiv, insbesondere in Bezug auf die Versorgung Europas mit fossilen Energieträgern. Gleichzeitig betrifft uns der Exodus, der auf den Krieg folgte, ganz direkt und stellt unsere Behörden vor die Herausforderung, die Flüchtlinge in die Gesellschaft und in die Wirtschaft zu integrieren. Das darf nicht ausser Acht gelassen werden.

Wie bereits während der Pandemie deutlich wurde und durch den Konflikt in der Ukraine noch verschärft wurde, beeinträchtigen die Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Gütern aller Art weiterhin die Geschäftstätigkeit unserer Unternehmen. Obwohl die Auftragsbücher in vielen Branchen voll sind, leiden viele Unternehmen unter verlängerten Lieferfristen und haben daher Schwierigkeiten, ihre Umsätze zu realisieren. Auch wenn sie die bestellten Materialien und Rohstoffe endlich erhalten, müssen die Unternehmen noch Mitarbeitende finden und sich um den Nachwuchs an qualifizierten Arbeitskräften kümmern, um die Arbeiten ausführen zu können. Personalmangel herrscht vor allem in bestimmten Branchen wie dem Hotel- und Gaststättengewerbe, der IT-Branche und in Berufen, die mit der Energiewende in Zusammenhang stehen. Die durch die Pandemie beschleunigte Veränderung der Arbeitswelt hat die Unternehmen zu Anpassungen gezwungen, potenzielle Mitarbeitende setzen zunehmend auf Teilzeitarbeit oder entscheiden sich sogar für eine berufliche Umorientierung. Die Herausforderung, qualifiziertes Personal zu finden, wird sich künftig weiter stellen, erreichen doch die Baby-Boomer, die in unserer Gesellschaft einen bedeutenden Teil der arbeitstätigen Bevölkerung ausmachen, nach und nach das Rentenalter. Es erscheint von daher zentral, die Unternehmen dazu anzuregen, Lernende auszubilden. Der Fachpersonalmangel ist denn auch einer der Gründe, die den FAV dazu bringen, mit Nachdruck für die duale Ausbildung einzustehen.

Das zweite Halbjahr 2022 war geprägt von Einschränkungen in der Energieversorgung, die im Land beinahe die Lichter ausgehen liessen. Über die verbindlichen Massnahmen hinaus hat sich unsere Wirtschaft mit dem Energiewandel vertraut gemacht und ist sich bewusst geworden, wie abhängig wir von gewissen Energieformen sind. Für alle ist klar: Wir müssen unsere Energieunabhängigkeit verbessern, um eine lokale, vielfältige und nachhaltige Versorgung sicherstellen zu können. Parallel dazu sind Bevölkerung und Unternehmen gleichermassen aufgefordert, einfache, aber notwendige Sparmassnahmen umzusetzen.

Das Jahr 2022 ging mit einer steigenden Inflation zu Ende, die die gesamte westliche Welt betraf. Die sowohl in den Vereinigten Staaten als auch in Europa getroffenen Massnahmen, mit denen die Inflation bekämpft werden sollte, setzen sowohl die Bevölkerung als auch die Unternehmen unter Druck: Beide müssen Zinserhöhungen in Kauf nehmen, die ins Gewicht fallen. Für die Unternehmen wird die Verlängerung von bestimmten Krediten Auswirkungen auf ihre Geschäftstätigkeit und Investitionsfähigkeit haben.

Trotz der dunklen Wolken am Horizont sind auch positive Signale zu vermelden. Wir leben in einer Zeit der Vollbeschäftigung und die Unternehmen haben vermehrt Schwierigkeiten Personal zu rekrutieren, als Geschäfte zu tätigen. Die Probleme bei der Versorgung mit Rohstoffen und Materialien scheint die Baubranche nicht auszubremsen, die weiterhin ein Schlüsselindikator für eine gesunde Wirtschaft ist. Auch wenn sich eine ganze Generation darauf vorbereitet in Rente zu geht, sollte das erwartete Bevölkerungswachstum die Folgen dieser Situation für den Beschäftigungsmarkt abfedern können. Mit einer Bevölkerung, die ab 2025 die Zahl von 350’000 Personen überschreiten dürfte, kann sich unser Kanton über seine Attraktivität freuen.

Die Resilienz der Unternehmen und ihre ausgeprägte Anpassungsfähigkeit wird es ihnen ein weiteres Mal erlauben, die Schwierigkeiten zu überwinden. Die wichtige Unterstützung von Seiten der Berufsverbände wird es ihnen ermöglichen, pragmatische und konkrete Lösungen zu finden. Darüber hinaus werden ihnen günstige gesetzliche Rahmenbedingungen, die den Verwaltungsaufwand begrenzen eine grosse Hilfe sein. Genau darauf arbeiten wir im FAV hin.